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20. November 2012

Bad Segeberg: Demonstration für freie Jugendkultur

von Björn Radke

Am 1. November ließ die Bad Segeberger Stadtverwaltung das alternative Jugendzentrum „Hotel am Kalkberg“(HaK) polizeilich räumen und umgehend abreißen. Am 1. Dezember wollen deshalb mehrere Hundert Menschen in Bad Segeberg für ein neues Jugendkulturzentrum zu demonstrieren.

Mit dem Abriss des HaK und dem damit verbundenen rabiaten Polizeieinsatz hat die Stadtverwaltung ausschließlich auf Konfrontationskurs gegenüber den jugendlichen Initiatoren des HaK und seinen UnterstützerInnen gesetzt. Versuche, über mögliche Alternativen eines Abrisses zu verhandeln, sind von Bürgermeister Schönfeld (SPD) kategorisch abgelehnt worden: „Es wird keinen Verkauf des HaK geben. Die Beschlusslage ist eindeutig. Sie lautet auf Abriss. Und genau das wird auch geschehen. Ein Verkauf kommt nicht in Frage.“

Für die Initiatoren der Demonstration ist klar: „Auf der Fläche soll ein Parkplatz für TouristInnen und BesucherInnen des Fledermauszentrums "Noctalis" entstehen. Diese durften den großen Parkplatz neben dem Jugendkulturzentrum immer uneingeschränkt mitbenutzen, was auch völlig ausreichte. (…) Seit einigen Jahren findet in Bad Segeberg ein allgemeiner Verdrängungsprozess statt. Alles was kommerziell nicht verwertbar ist und dem Bild der idyllischen, konservativen Kleinstadt widerspricht, wird systematisch ausgeschlossen und zerstört.“

Vorausgegangen war eine jahrelange Auseinandersetzung, die noch weit in die Amtszeit von Schönfeld-Vorgänger Hans-Joachim Hampel (CDU) hineinreicht. Dabei warf die Stadtvertetung den jugendlichen AktivistInnen des HaK immer wieder vor, sich nicht an Absprachen zu halten, nicht ausreichend gegen Sachbeschädigungen und Sprühereien durch Besucher zu unternehmen und keine tragfähigen (Finanzierungs) Konzepte vorzulegen.

Schon 2006 wurde im Kreiswegekonzept 2006 bis 2011 für Bad Segeberg ein Konzept formuliert, dass sich einseitig auf die Stärkung der Eventkultur ausrichtet: „Es wurden die fünf folgenden starken Säulen als Basis für die zukünftige Entwicklung Bad Segeberg identifiziert:
1.    Großer Segeberger  See / Natur und Erholung
2.    Kalkberg / Karl-May-Spiele
3.    Gesundheit
4.    Stadtzentrum
5.    Möbel Kraft.
Als konkrete Ziele bis zum Jahr 2010 wurden u.a.benannt:
•    Durch die Aktivitäten in Kultur und Bildung wird Bad Segeberg noch attraktiver zum Wohnen und Leben
•    Stärkung Bad Segebergs als Einkaufs- und Dienstleistungszentrum für die Stadt und ihr Umland
•    Entwicklung Bad Segebergs und seiner Umgebung zu einen Reit- und Erlebniszentrum.
•    Stärkere Vernetzung des Kalkberges und des Themas "Karl May" mit der Innenstadt“


In dieser einseitigen Orientierung auf die Eventkultur findet Jugendarbeit keinen Platz und ein autonomes Jugendzentrum mit einem Haus direkt im Zentrum des Event-Betriebes „Karl-May“ galt von Anbeginn als deplaziert. Aus seiner persönlichen Abneigung gegen autonome Jugendkultur hat der Bürgermeister Schönfeld nie einen Hehl gemacht. Für ihn waren die HaK-Jugendlichen lediglich „Junge Erwachsene, die nichts auf die Reihe kriegen“.

Die Entscheidung für den Standort am Kalkberg hat von Anbeginn einen sozialen Sprengsatz in sich getragen. Eine autonome, selbstverwaltete Jugendkultur mit all ihren Facetten wird in einem über Jahrzehnte gewachsenen, sehr bürgerlich strukturierten und stark konservativen Wohngebiet mit einer Generation über 55 immer Konflikte hervorrufen, die nicht einfach mit „Gutem Willen“ auszuräumen sind.

Die Zuspitzung des Konflikts erhielt auch Nahrung durch das Festhalten der HaK-AktivistInnen am Haus, womit mögliche Alternativen erst einmal verbaut waren. Die in jüngster Zeit zu beobachtenden Angriffe auf Bürgermeister Schönfeld, als auch der völlig inakzeptable Vergleich durch ein Mitglied der „Mütterinitiative“ des Polizeieinsatzes mit der „Reichspogromnacht“ sind auch keine Wege, die zur Versachlichung beitragen.

Wenn die Stadt nun Jugendarbeit durch die Schaffung zusätzlicher Stellen oder den Umzug des Jugendzentrums „Alte Feuerwache“ in „Die Mühle“ fördern will, ist das nicht zu kritisieren. Aber allein die Konzeption Zentrums (100 Gesellschaftsspiele, ein Billardtisch, ein Kickertisch, ein elektronisches Dartboard und eine Tischtennisplatte) und die Öffnungszeiten (Montag bis Donnerstag von 14.30 - 19.00 Uhr und freitags von 13.00 - 19.00 Uhr) deckt die Bedürfnisse von Jugendlichen nicht ab. Es ist vielmehr angesagt, selbstverwaltete Jugendarbeit als Bereicherung zu verstehen und mit vielen Kräften zu fördern. Dazu braucht es aber eine Kultur der gegenseitigen Akzeptanz von unterschiedlichen Vorstellungen und die Bereitschaft für einen für alle belastbaren Kompromiss.

Der Kreisvorstand unterstützt die Demonstration und ruft zur Teilnahme auf!