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25. Juli 2013

Wer Merkel nicht will, muss LINKE wählen!

http://www.die-linke.de/wahlen/wahlprogramm/

http://www.die-linke.de/wahlen/wahlprogramm/

von Björn Radke

Am 22. September wird der Bundestag neu gewählt. Nach den letzten Umfragen kann die Union weiterhin 41 Prozent der Wählerstimmen erreichen und die FDP mit fünf Prozent wieder in den Bundestag einziehen. Die SPD gibt dagegen einen Punkt ab und käme nur noch auf 22 Prozent und die Grünen verlieren gar zwei Punkte und erreichen mit zwölf Prozent ihren schlechtesten Wert seit Oktober 2012.

Die LINKE kann ein zwar ein leichtes Plus erreichen und sich um einen Punkt auf neun Prozent verbessern, aber bei den gleichzeitig stattfindenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen stehen die Chancen für DIE LINKE nicht gut. „Die Piraten bündeln den Unmut, der durch NSA und die Unglaubwürdigkeit der Politiker entstanden ist", und haben auf derzeit vier Prozent zugelegt, so der FORSA-Chef Güllner.

Damit ist siebeneinhalb Wochen vor der Wahl eines deutlich: Eine Rotgrüne Mehrheit wird es im nächsten Bundestag nicht geben. Bei der Bundestagswahl am 22. September konkurrieren 38 Parteien um die Stimmen. Die Ermittlung des politischen Kräfteverhältnisses wird stark durch eine geringe Wahlbeteiligung beeinflusst sein. Eine hochpolitisierte Wahlauseinandersetzung zeichnet sich bislang nicht ab; selbst ein Patt der beiden politischen Lager – Schwarz-Gelb versus Rot-Grün – ist kein wahrscheinlicher Ausgang. Arithmetisch kommen die Oppositionsparteien gegenwärtig über 45% nicht hinaus – und das ist noch nicht mal ein politisches Gewicht, da eine Rot-Rot-Grüne-Konstellation in der gegenwärtigen Verfasstheit des Parteiensystems keine Option ist.

Weshalb überzeugt die rot-grüne Option die Bürgerinnen nicht?

Für die Unionsparteien (für die FDP sowieso) sind Eingriffe in die Verteilungsstrukturen nach wie vor tabu. Sie setzen darauf, über die durch Wirtschaftswachstum und Steuermehreinnahmen gewonnenen Spielräume die Gerechtigkeitslücke allmählich zu schließen.

Sie profitieren davon, dass die Bundeskanzlerin wegen des Euro-Krisenmanagements immer noch hoch im Ansehen steht, und für größere Teile der Bevölkerung vor dem Hintergrund der immer noch relativ stabilen Arbeitsmarktlage und teilweise verbesserter Lohneinkommen die Bekämpfung der sozialen Ungleichheit zwar ein wichtiges Thema ist (Unterschiede zwischen Reich und Arm abbauen), Eingriffe in die Verteilungsstrukturen etwa durch eine andere Steuerpolitik aber gegenwärtig kein vorrangiges Anliegen sind. »Die Besserstellung der unteren Schichten wird von vielen für wichtiger gehalten als höhere Lasten für die oberen Schichten. Zwar wünschen sich vier von zehn Bürgern, dass sich die nächste Regierung auch der Erhöhung des Spitzensteuersatzes und der Wiedereinführung der Vermögenssteuer annimmt. Damit rangieren diese Themen in der politischen Agenda jedoch weit unten. Die überwältigende Mehrheit weist der Regierung vor allem die Aufgaben zu, die Entwicklung der Energiepreise einzudämmen, dafür zu sorgen, dass Rentner ausreichend abgesichert sind und darauf zu achten, dass Deutschland sich bei der Bewältigung der Krise in der Eurozone nicht übernimmt.«[4] Die Sozialdemokratie hat zwar einige Korrekturen an der Agenda 2010-Politik vorgenommen (Mindestlohn, Regulierung Leiharbeit, Wiedereinführung Vermögenssteuer etc.), bleibt allerdings wegen ihrer Halbherzigkeiten und inneren Widersprüche sowie einem fehlenden Konzept, wie sozialer Ausgleich und gesellschaftliche Erneuerung miteinander zu verbinden sind, noch weit entfernt von einer glaubwürdigen Repräsentanz sozialer Gerechtigkeit.

Für die SPD ist wenig zu holen

Zumal die Sozialdemokratie der Linie des austeritätspolitischen Zuchtmeisters bei allen Abstimmungen im Bundestag letztlich immer gefolgt ist. Eine realistische politische Alternative zur herrschenden Politik hat weder Rot noch Grün präsentiert. Folglich hat es in dieser Republik auch zu keinem Zeitpunkt eine ernsthafte Auseinandersetzung um neue Perspektiven europäischer Identität, um die Neugründung eines sozialen Europas nach der Großen Krise gegeben.

Im Wahlkampf wird herumlaviert: zwischen der Erkenntnis, dass die Agenda 2010 die politische Macht gekostet hat, und der Selbstsuggestion, dass Angela Merkels Aufschwung im Grunde das Erbe Gerhard Schröders sei. Hinter diesem Lavieren stecken unterschiedliche soziale Gruppen, die die SPD gegenwärtig nicht erfolgreich integrieren kann: Auf der einen Seite jene, die sie als Neue Mitte mit ihrem Modernisierungsprogramm stärken wollte, mit gigantischen Deregulierungs- und Umverteilungsaktionen aber selbst unter Erosionsdruck gesetzt hat.

Und auf der anderen Seite jene, die sich politisch und sozial als Opfer dieser Politik sehen. Jene also, die Solidarität und sozialen Zusammenhalt vermissen, die an der Prekarisierung der Arbeit leiden und ihre Existenzgrundlagen mit der Eindampfung der sozialen Sicherungssysteme in Frage gestellt sehen. Statt Mobilisierungskraft zu schöpfen ist die Sozialdemokratie in beiden sozialen Lagen mit Rückzugstendenzen konfrontiert – im gesellschaftlichen Unten der Opfer mit deutlicher Passivierung. Diese Problemlage hat das bürgerliche Lager nicht.

In der Tat sind vor allem die Langzeitarbeitslosen abgehängt. So erhält jeder zweite Hartz IV-Empfänger nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) bereits seit vier Jahren Geld vom Jobcenter. Von den sechs Millionen Hartz IV-Betroffenen waren 2012 mehr als 2,8 Mio. oder 46,5% auf die so genannte Grundsicherung angewiesen. Von den erwerbsfähigen BezieherInnen der Grundsicherungsleistung waren in 2011 1,03 Mio. seit Einführung der Hartz-Reformen Anfang 2005 dauerhaft auf das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) angewiesen. Zieht man davon die Aufstocker, Alleinerziehenden und älteren Hilfebezieher ab, bleibt der harte Kern von Langzeitarbeitslosen übrig. Etwa 400.000 leben seit sieben Jahren von Hartz IV, ohne jemals in dieser Zeit gearbeitet zu haben.

Die Sozialdemokratie hat auf diese Fehlentwicklung mit dem Konzept eines »sozialen Arbeitsmarkts« reagiert, das allerdings nur halbherzig verfolgt wird, weil seine Umsetzung einen entsprechenden Ressourceneinsatz erfordert. Zudem will sie mit der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, der Begrenzung der Leiharbeit und höheren Steuern für die Vermögenden die »Schattenseiten« ihrer Agenda-Politik abmildern.

Mit diesem begrenzten Ressourceneinsatz vermag die SPD darüber hinaus nur unzulänglich auf die wahlpolitischen Auswirkungen sozialer Prekarisierungsprozesse zu reagieren. Ein nicht geringer Teil der Nichtwähler wohnt in Haushalten mit geringen Einkommen und in Stadtteilen – und damit Wahlbezirken –, in denen sich ihrerseits über Jahre hinweg soziale Problemlagen verfestigen. Die Halbherzigkeit sozialdemokratischer Kurskorrektur überzeugt die Bevölkerung also nicht, wenn SPD-Mandatsträger in Kommunen und Ländern mit Verweis auf die »Schuldenbremse« z.T. eine harte Haushaltskonsolidierungspolitik verfolgen. Gerade auf der Ebene der Kommunen und der Länder wird so sichtbar, dass die Sozialdemokratie weder für die Erneuerung der maroden Infrastruktur, noch für den Erhalt und Ausbau der sozialen Dienste eine Konzeption hat. Mit ihrer Befürwortung der Schuldenbremse wird in den Augen dieser sozialen Milieus erst recht den Eindruck bestärkt: Politik ist nicht mehr gestaltungsfähig, wozu also wählen.

Der ehemalige Koalitionspartner und grüne Spitzenkandidat Jürgen Trittin appelliert an seine Partei, sich von den schlechten Umfragewerten der SPD nicht entmutigen zu lassen. »Unsere Leute machen Wahlkampf für starke Grüne, damit es am 22. September Rot-Grün gibt«. In der grünen Partei sind aber auch kritische Stimmen gegenüber der Festlegung auf ein Bündnis mit der SPD nicht zu überhören. Eine Minderheit fordert eine Ausrichtung der Partei auf die »gesellschaftliche Mitte«, die es mit den Korrekturen an den Verteilungsverhältnissen nicht übertreibt, die Eigeninitiative fördert, anstatt sie zu unterdrücken und auch eine Koalition mit den Konservativen nicht als Verrat an der grünen Sache empfindet, sondern als Chance, grüne Politik zu machen. Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Robert Habeck hat sich dafür ausgesprochen, trotz einer klaren Koalitionsaussage zugunsten der SPD im Wahlkampf auf Distanz zu den angeschlagenen Sozialdemokraten zu bleiben. »Ich finde es richtig, wenn die Grünen ihre Eigenständigkeit betonen.«

Während Rot-Grün zu wenig Dynamik entwickelt, steht Schwarz-Gelb stabil da, und kann nach dem Trend der aktuellen Umfragen auf eine erneute Legitimation durch die WählerInnen hoffen.

Wer Merkel und das mit ihr verbundene Konsolidierungs- und Sparprogramm nicht will, muss LINKE wählen!

Warum? Rotgrün hat keine Chance auf eine Mehrheit und beide für sich wären auch bereit bei Frau Merkel den Juniorpartner zu spielen. Daran ändert sich auch nichts, wenn SPD-Chef Gabriel laut darüber nachdenkt, unter welchen Umständen er sich eine Koalition mit der Linkspartei vorstellen könne. Zu offensichtlich setzt er auf eine Spaltungsoption: "Wenn die Linke entschieden hat, was für eine Partei sie sein will. Wenn die Linke wie im Osten wäre, dann wäre das kein Problem. Aber im Westen ist sie eine Partei von Sektierern und SPD-Hassern."

Nach dem Wahlausgang werden wir erfahren, ob ein rechnerisches Patt aus allen dann vertretenden „Oppositions“-Parteien eine Abwahl Merkels möglich macht. Das gelingt aber nur mit einer starken LINKEN. Es wäre dann nach der Wahl möglich , die Debatte über eine andere Politik zu eröffnen, zumal eine Fortsetzung von Schwarzgelb als Legitimation für eine härtere Gangart in der Konsolidierungspolitik interpretiert wird. Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hat ihre Partei zu einer entschiedenen Verteidigung der bürgerlichen Vorherrschaft aufgerufen: »Der 22. September ist eine Richtungsentscheidung für unser Land.« Es gehe darum, ob Deutschland mit CDU und CSU weiter auf Erfolgskurs bleibe, »oder ob es mit Rot-Rot-Grün bergab geht«.